2023-11-09_gedenken-1

Gedenkveranstaltung zum 85. Jahrestages der Reichspogromnacht

Etwa 80 Menschen haben am Donnerstagabend auf dem Platz vor dem Falkenseer Rathaus an einer Gedenkveranstaltung des Bündnisses gegen Rechts (BgR) für die Opfer der Reichspogromnacht am 9. November 1938 teilgenommen. Auf dem Boden aufgestellte Kerzen zeigten den Schriftzug „Nie wieder“! Neben dem Erinnern an die Schrecken der NS-Zeit wurde in Wortbeiträgen auch auf die aktuelle Bedrohung jüdischen Lebens durch einen wieder erstarkenden Antisemitismus hingewiesen.

Während der Ausschreitungen am 9. und 10. November 1938 selbst starben Schätzungen zufolge bereits 1300 Jüdinnen und Juden entweder direkt oder als unmittelbare Folge der Gewalttaten. Geschäfte wurden geplündert und Synagogen niedergebrannt. Zehntausende wurden inhaftiert und meist in Konzentrationslager gebracht. Mit einer Gedenkminute erinnerten die Anwesenden an die Opfer des damaligen Schreckens.

„Die von den Nationalsozialisten organisierte, aber von vielen Deutschen willig mitgemachte oder widerspruchslos hingenommene Reichspogromnacht vor 85 Jahren war ein Wendepunkt“, sagte einleitend BgR-Mitglied Benno König. „Ab diesem Zeitpunkt begann der Weg in die staatlich gesteuerte Verfolgung der Jüdinnen und Juden zunächst in Deutschland und dann in großen Teilen Europa bis hin zu deren geradezu industriell umgesetzter Ermordung in Auschwitz und anderswo.“

„All dies begründet unsere Verantwortung, uns auch heute für den Schutz des erfreulicherweise wieder vorhandenen jüdischen Lebens in Deutschland einzusetzen“, betonte König. „Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren – in keiner“, zitierte er Vizekanzler Robert Habeck.

Als Zeitzeugin berichtete Andrea Dreifuß-Martin von der brutalen Verfolgung ihrer jüdischen Familie in der Zeit des Nationalsozialismus. Während ihrem Vater nach Jahren der Haft die Flucht ins Ausland gelungen war, wurde ihre Großmutter in Konzentrationslager gebracht und dort ermordet. Mit Blick auf die aktuelle Lage sprach auch Dreifuß-Martin von eigenen Ängsten, als Jüdin etwa an bestimmten Orten erkennbar zu sein.

Die Forderung nach dem „Nie wieder“ als Verpflichtung für alle Bürgerinnen und Bürger stellte in ihrer Rede auch die SVV-Vorsitzende Julia Concu in den Mittelpunkt. Mit dem Tod der damals Schuldigen sei „die Schuld zwar nicht mehr da, aber sehr wohl immer noch die Verantwortung“, hob sie hervor.

Concu verwies auch auf den Terrorangriff der islamistischen Hamas in Israel vom 7. Oktober 2023 und die in Verbindung mit der Eskalation des Konflikts zunehmenden antisemitische Äußerungen und auch Übergriffe. Die SVV-Vorsitzende äußerte sich entsetzt, dass 85 Jahre nach der Reichspogromnacht „Menschen jüdischen Glaubens wieder Angst haben in unserem Land“ und jüdische Eltern deswegen „ihre Kinder nicht mehr allein zur Schule gehen lassen“. Sie stellte klar: „Für Judenhass darf in Deutschland kein Platz sein.“

BgR-Mitglied Tom Schaak verlas Ausschnitte aus einer Rede des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1985. „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart“, sagte Weizsäcker in seiner damals viel beachteten Ansprache und fuhr fort: „Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber sie sind verantwortlich dafür, was in der Geschichte daraus wird.“

Unter den Teilnehmenden der Veranstaltung auf dem Rathausplatz waren auch die stellvertretende brandenburgische Ministerpräsidentin Ursula Nonnemacher sowie mehrere Falkenseer Stadtverordnete.

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Author: WindSchief

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